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Gischt


Wenn ich sage,

in unserem Leben schreiben wir viele kleine Geschichten,

dann meine ich Geschichten,

wie die vom Kaffeefleck auf meinem Pulli

und dem einen Notizbuch mit all den Klebezetteln drin,

den zerbrochenen Tellern in der Küche,

von den hässlichen Delfinaufklebern an unseren Badezimmerfliesen

und warum ich in Büchern immer wieder

das Wort "wir" unterstreiche.


All das - all die Geschichten,

ein Versuch, den Dingen um uns herum einen Sinn zu geben.

Wir wissen, dass wir mehr vergessen, als wir erinnern.

Und wenn wir diese Geschichten erzählen

und so tun als wären es die Antworten

nach denen wir suchen,

dann lügen wir.

Wenn wir im Urlaub stundenlang die Gischt betrachten

und ich mir nur vorstelle dich zu halten,

anstatt es wirklich zu tun,

obwohl du so nah bei mir bist,

dann lügen wir.


Wenn ich versuche unsere Wahrheit

von deinen Lippen zu lesen,

dann tue ich das leise,

denn ich weiß, das ist alles nicht real.

Ich weiß, dass wir nicht real sind,

die Welt nicht real ist.

Wie kann etwas so flüchtiges schon echt sein?

Wie kann etwas das so weh tut

und gleichzeitig so schön ist, echt sein?


Oh,

wie wir uns mit diesen kleinen Lügen

mit voller Wucht die Welt erklären

und denken dann, wir würden das alles

ein kleines bisschen mehr verstehen.

Wir wissen, dass wir lügen,

doch das macht es nicht weniger schön.


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