VON KATHARINA BAUMGARTNER //
ich stochere
ich stochere in der wunde herum
in der wunde, die ich mir selbst zugefügt habe
sie lässt mir keine ruhe
sie schmerzt
sie brennt
erinnert mich tag für tag daran, was ich angerichtet habe
und, dass sie da ist
und ich stochere und stochere
lasse ihr keine ruhe
verarzte
doktere herum
schmiere salbe um salbe
klebe pflaster um pflaster
reiße alles wieder ab
reiße alles wieder auf
blut, schmerz, leid
und wieder balsam
balsam für die wunde
geschmiere und gepflastere
es will nicht verheilen
ich suche nach gründen, ursachen, kausalitäten
und stochere und verarzte
die entzündung
rötlich leuchtet sie mir entgegen
pocht
in meinen augen
ein greller schrei
das gelb des eiters
mir graust
vor mir selbst
aber ich höre nicht auf
und stochere
immer weiter
immer tiefer
höre nicht zu
schaue nicht hin
erkenne nicht
fühle nicht, was gefühlt werden muss
blind und taub
meine finger
müde des schmierens und pflasterns
ich gebe auf
lasse es sein
wie es ist
gebe raum
gebe zeit
gebe luft
allmählich verschwinden sie
die farben
allmählich
und siehe da
eine kruste
bräunlich
rau
fällt ab
übrig
das weiß der narbe
sie bleibt
womöglich
aber der schmerz, das leid
verblasst
vergangen
verheilt
Ich mag das Gedicht sehr gern!🤗 Beschreibst du darin Skin Picking?