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Symbionten — Underwater love (Niemandsland)



Ich bin gefangen, bin die Staffage in einer Filmsequenz, fühle mich deplatziert, wie geliehen. Ich sehe mir ein Film an und in meinem Kopf läuft nebenher ein anderer. Alles bewegt sich in Zeitlupe. Niemandsland, unter Wasser, ein Mutualismus, das Zusammenleben von Lebewesen in gegenseitigem Nutzen, eine Symbiose, die nun keine mehr ist. Nicht mehr bei uns. Unsere Zweckgemeinschaft ist auseinandergebrochen, wie poröse Kalkskelette, die langsam verblassen, mehr und mehr zu Pastellfarben werden und irgendwann sterben.


Für unsere Symbiose ist einzig der Tod vorherbestimmt gewesen und wir wussten es. Du hast mich in eine unmögliche Situation gebracht. Eine Situation, die immer untragbarer wurde, in der es ein unerreichbares Ziel und ausschließlich Verlierer gab. Ich habe mich mit mir selbst überworfen, bin untergegangen. Niemandsland: Korallen gehören zu der Gruppe der Nesseltiere, zu denen auch Quallen und Seeanemonen zählen. Ich stelle mir vor, wir wären eine besonders resiliente Art, hätten den Hitzestress überstanden, hätten uns ebenso resiliente Symbionten gesucht, uns regeneriert, slow and shiny.


Wir waren das Meer, die Algen, wild at heart, das Salz, über Tage und Jahrhunderte. Niemandsland: Es braucht Jahrzehnte, um ein Riff zu bilden. Wir waren das Riff in dem totes Skelettmaterial fortwährend von lebendigem Gewebe überwuchert wird, ein Hohlkörper der die Bleiche nicht überlebt hat, weil, zu viele Schwankungen. Mein Körper fühlt sich hohl an, nicht ganz, nicht komplett, ausgefüllt mit Erinnerungen, die nicht greifbar sind, nicht in 3D. Deine Hände fehlen, dein Geruch, der Geruch von Erde und Salz. Niemandsland: Das Korallenriff ist ein lebendiges Ökosystem aus Symbionten, die sich sanft und beweglich im Wasser wiegen. Und hier stehe ich jetzt, die ertrunkene Frau, turns out, mehr in Wein als in Wasser.


Wir befanden uns im freien Fall, mehr so in der freien Schwebe. Klar war, der Aufprall würde kommen, nicht klar war, wann er kommt. In der Schwebe fielen wir sanft, was nicht heißt, dass wir weicher fielen. Dein erdig-salziger Geruch schien mir langsam zu entgleiten, meine Erinnerung daran verflüchtigte sich, ohne dass ich es beeinflussen konnte. Der Filter des Vergessens, bleicht alles. Niemandsland: Bei Korallen handelt es sich, wie bei den meisten sessilen Meerestieren, um Filtrierer. Sie ernähren sich durch Filtern von Mikroplankton, Spurenelementen und Nährstoffen aus strömungsreichem Meerwasser. Größten Teils ernähren sie sich jedoch durch Endosymbionten, das sind in die Polypenzellen eingelagerte Symbiosealgen, sogenannte Zooxanthellen. Das lebendige Gewebe der Korallen erhält dadurch seine intensive Farbe. Zooxanthellen und Korallen gehen eine Nutznießerschaft ein, eine Symbiose.


Wir tauchen zusammen, sind Fähnchen im Wind, wirbeln Sediment in uns auf, decken zu was zu sehen ist, erstarren zu Stein. Wir wärmen uns auf, zu stark, sind nicht hitzeresistent. Niemandsland: Die Algen beginnen Giftstoffe zu produzieren und werden von den Korallen abgestoßen, nur der Kalkmantel bleibt bestehen und bleicht aus. Von einer leichten Korallenbleiche erholt sich die Kolonie schnell. Eine dauerhafte Überhitzung des Meerwassers führt jedoch zum Korallensterben.


Wir würden nicht sterben, out of the blue, würden uns selbst in nebligen Zeiten nicht abstoßen. Niemandsland: Korallen kommen ausschließlich im Meer vor, insbesondere im Tropengürtel. Bei der Wuchsform wird zwischen Weichkorallen und Steinkorallen unterschieden, letztere bilden durch Einlagerungen von Kalk Skelette. Korallenskelette bestehen zum größten Teil aus Aragonit. Ich warte, it ain't over 'til it's over. Ganz ruhig und still, versteinert, liegen wir am Meeresboden. Deine Hand ruht sich in meiner aus. Niemandsland: 2020 züchteten Wissenschaftler zehn hitzeresiliente Mikroalgenstämme, indem sie diese vier Jahre, bei sich erhöhender Temperatur, evolvieren ließen. Deine Hand zwischen meinen Beinen, dein Finger tief versunken, die richtige Temperatur, warm und feucht, ein Tropengürtel.

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